French Open 1995: Muster vs. Chang

Der 11. Juni 1995 ist für immer in den Geschichtsbüchern des österreichischen Sports verewigt. Thomas Muster gewann an diesem denkwürdigen Tag als erster Spieler aus der Alpenrepublik ein Grand Slam Turnier. Bei den French Open setzte sich der damals 27-jährige gegen Michael Chang durch und feierte den größten Erfolg seiner Karriere. Tennis Wetten blickt auf jenen legendären Triumph und Musters steinigen Weg bis zum Titel zurück.

Die Ausgangslage

thomas muster
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Dass Thomas Muster im Jahr 1995 überhaupt noch Profi-Tennis spielte, war bereits ein Erfolg für sich. Sechs Jahre zuvor war von einem Grand Slam-Titel für den Österreicher nicht zu denken. Als damals aufstrebender Youngster wurde der Steirer in einen Verkehrsunfall verwickelt. Ein betrunkener Autofahrer erwischte den damals 21-jährigen und bescherte ihm eine schwere Knieverletzung. Lange herrschte über die Fortsetzung von Musters Karriere Ungewissheit. Aufgeben war für die spätere Nummer 1 der Welt aber keine Option. Mittlerweile legendär ist, wie Muster mit Gipsfuß wieder auf dem Tennisplatz stand und stundenlange Trainingseinheiten absolvierte. Damals entstand auch so etwas wie der „Mythos Muster“ – kaum ein anderer Spieler galt als derart zäh wie der Österreicher. Schon nach sechs Monaten kehrte Muster auf die ATP Tour zurück.

Muster dominant auf Sand

Danach folgten zwar einige erfolgreiche Jahre, für den ganz großen Coup reichte es aber nicht. Im Frühsommer 1995 aber war Muster in Topform. Mit Turniersiegen in Mexiko City, Estoril, Barcelona, Rom und Monte Carlo dominierte er die Sandplatzsaison nach Belieben. Für die French Open galt er somit als Topfavorit und wurde in seiner Hochform als „Sandplatzkönig“ bezeichnet.

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Ganz anders war bis dahin der Karriereweg von Michael Chang. Der US-Amerikaner kam 1989 auf die Tour und schockte die Tenniswelt. Bei den French Open holte der damals erst 17-jährige sensationell den Titel. Chang galt daraufhin als „Next Big Thing“, konnte aber an diesen Erfolg nicht mehr anschließen. Es folgten einige zähe Jahre für den Sohn taiwanischer Einwanderer. Erst 1995 gelang es Chang wieder, sich in der absoluten Weltspitze zurückzumelden und ein Grand Slam Finale zu erreichen.

Der Weg ins Finale

Muster wurde seiner Favoritenrolle gerecht und stürmte ins Viertelfinale. Nur im Auftaktmatch musste er einen Satz abgeben, ansonsten präsentierte sich der an Fünf gesetzte Steirer souverän. Erstmals zu kämpfen hatte er dann in der Runde der letzten Acht. Albert Costa verlangte Muster alles ab, in einem Fünfsatz-Krimi behielt der Österreicher aber die Nerven. Im Halbfinale fegte Muster dann in drei Sets über Yevgeny Kafelnikov hinweg und erreichte sein erstes Finale bei einem Grand Slam Turnier.

michael chang
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Ähnlich mühelos marschierte Chang ins Endspiel. Die damalige Nummer sechs der Welt musste im gesamten Turnierverlauf nur zwei Satzverluste hinnehmen und war damit auf dem Papier sogar noch souveräner als Muster. Vor dem Finale wurde ein enges Match auf Augenhöhe erwartet, viele Experten sahen sogar eher den US-Amerikaner im Vorteil. Unvergessen die Prognose von John McEnroe: „Für mich gewinnt Muster nicht die French Open, denn ich habe ihn noch  nie bei großen Turnieren etwas Besonderes tun sehen. Er erstickt bei den Grand Slams.“ Eine Einschätzung, die der Tennislegende noch um die Ohren fliegen sollte.

Die Krönung des Sandplatzkönigs

Anders als in den Tagen zuvor herrschte am Finaltag verhältnismäßig schlechtes Wetter in Paris. Bei eher kühlen Bedingungen begegneten sich beide Akteure im ersten Satz auf Augenhöhe. Jeder Punkt war hart umkämpft, ein Break gelang aber zunächst weder Muster, noch Chang. Beim Stand von 5:5 war es dann aber soweit: der Österreicher nahm seinem Gegner den Aufschlag ab und servierte zum 7:5-Satzgewinn aus. Danach machte sich die extreme körperliche Stärke Musters bezahlt. Während Chang langsam aber sicher müde wurde, präsentierte sich der spätere Sieger immer besser.

Das zweite Set ging immer mehr in Richtung Muster, am Ende hieß es 6:4 aus Sicht des Steirers. Danach war der Wille des French Open-Siegers von 1989 endgültig gebrochen. Im dritten Satz gelangen Chang nur noch vereinzelt Punktgewinne. Um 17:22 war es dann schließlich soweit: der US-Amerikaner schlug eine Rückhand weit ins Out, es stand 6:2 für Muster. Im Moment des Triumphs ließ sich der Sieger erleichtert in den Sand fallen – endlich hatte er den ersehnten Titel gewonnen.

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Mit dem ersten und einzigen Major-Erfolg seiner Karriere setzte sich Muster ein Denkmal in Österreich. Ihm war gelungen, was zuvor kein anderer rot-weiß-roter Akteur geschafft hatte. Erst 2020 konnte Dominic Thiem bei den US Open diesen Erfolg wiederholen. Einige Wochen später war Muster auch erstmals die Nummer 1 und hielt sich sechs Wochen auf der Spitzenposition. Insgesamt gewann der Leibnitzer auf der ATP Tour 44 Turniere und beendete 1999 vorerst seine Karriere. 2010 wagte er jedoch sensationell ein Comeback, konnte aber im gehobenen Tennisalter nicht mehr an alte Erfolge anknüpfen. Auch Chang erreichte nach dem legendären Finale von 1995 kein Grand Slam-Endspiel mehr und zog sich 2003 vom Profisport zurück.