Wimbledon 1980: Borg vs. McEnroe

Es gibt wohl kaum ein Duell, dass die Tenniswelt so sehr elektrisiert hat wie jenes zwischen Björn Borg und John McEnroe. In den späten 70er und frühen 80er Jahren dominierten beide das Geschehen. Unterschiedlicher hätte man kaum sein können: auf der einen Seite der kühle Schwede, auf der anderen der hitzköpfige US-Amerikaner. Besonders in Erinnerung bleibt das Wimbledon Finale 1980. Wir blicken zurück auf einen der größten Momente der Tennisgeschichte.

Die Ausgangslage

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Björn_Borg.jpg: C Thomasderivative work: Fyunck(click), CC BY 2.0 <https://creativecommons.org/licenses/by/2.0>, via Wikimedia Commons

Björn Borg war der bestimmende Spieler dieser Zeit. Der Schwede galt als Revolutionär in Sachen Schlagtechnik und brachte einen neuen Stil auf die ATP Tour. Zudem bestach der damals 24-jährige mit seiner Coolness. Auf dem Court zeigte Borg kaum Emotionen und behielt stets die Nerven. Auch einzigartig: er dominierte sowohl auf Sand, als auch Rasen. Die French Open hatte Borg vor Wimbledon bereits sechs Mal gewonnen. Auf dem Heiligen Rasen jagte der Stockholmer seinen fünften Titel in Folge. Im Sommer 1980 schien Borg in Wimbledon unschlagbar zu sein.

John McEnroe war das genau Gegenteil zu Borg. Während der Schwede gerade der Topmann war, kam McEnroe erst mit Beginn der 80er Jahre in die Weltspitze. Seinen ersten Titel bei einem Grand Slam Turnier gewann der gebürtige Wiesbadener 1979 in New York. Auch das Verhalten auf dem Platz unterschied die beiden Topstars wesentlich. Ganz anders als Borg war McEnroe für seine extremen emotionalen Ausbrüche bekannt. Die Flüche und Ausraster des damals 21-jährigen sind bis heute legendär. Auf den ersten Blick kaum zu glauben: neben dem Platz waren die beiden Kontrahenten dennoch gut befreundet.

Erdrückende Co-Dominanz

In der ersten Saisonhälfte 1980 konnte kein Gegner auch nur annähernd mit den beiden Ausnahmespielern mithalten. Besonders Borg agierte in Überform und dominierte das Herrentennis scheinbar nach Belieben. Sechs Turniersiege gelangen ihm bis zu den Wimbledon Championships. Besonders auf Sand konnte keiner dem Schweden das Wasser reichen. Neben den wichtigen Events in Monte Carlo und Las Vegas stach vor allem der Sieg bei den French Open heraus. Im Vorfeld des Jahreshighlights auf dem Heiligen Rasen war Borg der absolute Topfavorit.

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Auch für John McEnroe verlief das Jahr bis Wimbledon sehr erfolgreich. Der US-Amerikaner konnte insgesamt vier Turniere für sich entscheiden. Besonders auf heimischen Boden präsentierte sich „Big Mac“ stark und holte sich den Titel in Richmond und Memphis. Besonders kurz vor Beginn des Rasenklassikers machte McEnroe seine Titelansprüche deutlich. Beim traditionell aussagekräftigen Vorbereitungsturnier im Queen’s Club triumphierte McEnroe. Damit galt er als erster Herausforderer Borgs.

Der Weg ins Finale

Borg gab sich in den beiden Auftaktrunden keine Blöße. Erst in Runde drei musste der Topfavorit erstmals kämpfen. Gegen Rod Frawley gab der Schwede einen Satz ab. Nach einer weiteren souveränen Vorstellung im Achtelfinale folgte in der Runde der letzten Acht der wohl härteste Fight. Gene Mayer wurde zwar in drei Sätzen bezwungen, jeder einzelne war aber hart umkämpft. Im Semifinale konnte Brian Gottfried Borg zwar einen Satz abnehmen, präsentierte sich aber ansonsten chancenlos. Insgesamt hatte der Stockholmer auf der Jagd nach dem fünften Wimbledon-Titel in Folge so gut wie keine Schwäche gezeigt.

John McEnroe spielt auf der ATP Champions Tour
Wikimedia, Edwin Martinez (CC BY 2.0)

Auch John McEnroe marschierte in beeindruckender Manier ins Endspiel. Nachdem er in Runde zwei gegen Terry Rocavert über die volle Distanz musste, drehte „Jimmy Mac“ richtig auf. Besonders bemerkenswert die Leistung im Viertelfinale, wo er Mitfavorit Peter Fleming keine Chance ließ. Im letzten Match am Weg zum Finale wartete mit Jimmy Connors der Erzrivale McEnroes. Aber auch hier behielt der damals 21-jährige die Nerven und setzte sich schließlich in vier Sätzen durch. Damit stand McEnroe erstmals im Finale von Wimbledon.

Ein Match für die Ewigkeit

Zu Beginn hatte es noch nicht den Anschein, als würde das erste Major-Finale zwischen den beiden Kontrahenten in die Geschichte eingehen. Im ersten Satz dominierte Borg nach Belieben und machte mit 6:1 kurzen Prozess. Wer danach einen Durchmarsch erwartete, irrte aber: McEnroe kämpfte sich eindrucksvoll zurück und holte das zweite Set mit 7:5. Danach war es wieder Borg, der das Ruder herumreißen konnte und im dritten Satz souverän 6:3 die Oberhand behielt. Was danach folgte, gehört bis heute zu den größten Momenten, die das Herrentennis je gesehen hat.

Im vierten Satz kam es zu einem Tie-Break, dass wohl für immer unvergessen bleiben wird. Bei 6:5 hatte Borg den ersten Matchball, doch McEnroe hielt sich per Volleystop im Spiel. Danach hatte es der US-Amerikaner bei 8:7 selbst in der Hand, stürzte aber.  Wieder war anschließend Borg an der Reihe: bei 10:9 gelang aber auch ihm der entscheidende Punkt nicht. Insgesamt verpasste Borg in diesem Tiebreak allein sechs Matchbälle. Beim Stand von 17:16 war es dann endlich so weit. Satzball Nummer sieben konnte McEnroe endlich verwerten und den fünften Satz erzwingen. Auch dieser war auf Messers Schneide, am Ende setzte sich aber der Titelverteidiger mit 8:6 durch und holte den fünften Triumph in Folge. Der König wackelte zwar, stürzte aber nicht.

Bis heute gilt nicht nur dieses Match, sondern die gesamte Rivalität zwischen den beiden Ausnahmkönnern als einzigartig im Tennis. 2017 kam sogar ein Tennisfilm darüber in die Kinos. In den folgenden Jahren folgten zahlreiche Duelle, die den Fans bis heute in Erinnerung bleiben. Mit dem frühen Rücktritt von Borg 1983 endete der Kampf abrupt. Der Schwede holte insgesamt elf Grand Slam-Titel. McEnroe dominierte die Tour danach noch einige Jahre, merkte aber an: „Wenn du deinen größten Gegner verlierst, verlierst du auch einen Teil von dir selbst.“