French Open 1999: Graf vs. Hingis

In der einzigartigen Karriere von Steffi Graf gab es zahlreiche legendäre Grand Slam Finalspiele. Zu den absoluten Highlights gehört Grafs letzter Triumph überhaupt. Bei den French Open 1999 wehrte sich die Deutsche erfolgreich gegen den Generationenwechsel und bezwang Martina Hingis. Das Match ging vor allem aufgrund des emotionalen Zusammenbruchs der Schweizerin in die Geschichtsbücher ein. Tennis Wetten blickt auf ein unvergessenes Paris-Finale zurück.

Die Ausgangslage

Steffi Graf, die beste Spielerin auf der WTA Tour
Wikimedia, Mark Henckel (CC BY-SA 2.0

Steffi Graf war zur Jahrtausendwende ein absoluter Superstar auf der WTA Tour. Die Deutsche hatte das Geschehen im Damentennis jahrelang nach Belieben dominiert. 21 Grand Slam Siege standen vor den French Open 1999 zu Buche. 1988 war Graf zudem der „Golden Slam“ gelungen – bis heute einzigartig. Die damals 29-jährige befand sich allerdings schon im Herbst ihrer Karriere. In den Jahren zuvor hatte Graf immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen. 1997 war sie erstmals seit elf Saisons ohne Major Titel geblieben. Und auch im Jahr darauf konnte Graf nicht an alte Erfolge anknüpfen. Die Saison 1999 galt noch einmal als letzter Versuch, wieder zur Stärke aus den besten Tagen zurückzufinden.

Eine Nachfolgerin für die Tenniskönigin stand schon ante portas. Martina Hingis war nicht weniger als ein Wunderkind. Als Teenagerin kam die Schweizerin auf die Tour und eroberte das Damentennis im Sturm. Bereits mit 15 Jahren siegte die gebürtige Tschechoslowakin beim Doppelbewerb in Wimbledon. Ein Jahr später folgte auch der erste Einzeltriumph. Insgesamt gewann Hingis vor ihrem 19. Geburtstag bereits fünf Grand Slam Turniere. Kritik, wonach ihre Vormachtstellung aus der Verletzungsmisere von Graf resultiere, negierte die Teenagerin. Immer wieder stichelte Hingis gegen ihre zwölf Jahre ältere Konkurrentin, deren „Zeit vorbei“ sei. Das Verhältnis galt als angespannt.

Grafs schwerer Weg zurück

Die Rückkehr an die Weltspitze verlief für Steffi Graf nicht reibungslos. Bis zu den French Open gelang es der routinierten ehemaligen Nummer 1 nicht, einen Turniersieg einzufahren. Bei den Australian Open war im Viertelfinale Schluss gewesen. In Indian Wells erreichte die 29-jährige immerhin das Finale. Dort musste sie sich aber mit Serena Williams einer weiteren Spielerin der neuen Generation geschlagen geben. Nicht wenige waren im Vorfeld der French Open der Meinung, dass die Deutsche nicht mehr an alte Erfolge anknüpfen können werde. In Roland Garros gehörte sie als Nummer sechs der Welt nicht zum engsten Favoritenkreis.

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Ganz anders der Saisonverlauf der 18-jährigen Martina Hingis. Sowohl im Einzel, als auch im Doppel war die Schweizerin die bestimmende Spielerin. Bei den Australian Open holte sie beide Titel. Danach folgten jeweils drei weitere Turniererfolge. Kurz vor Paris hatte die Teenagerin mit dem Sieg bei den German Open zudem ihre Stärke auf Sand untermauert. Die French Open fehlten aber noch in ihrer Vita. Hingis ging als Nummer 1 und absolute Topfavoritin ins Turnier.

Der Weg ins Finale

Graf zeigte ihren Kritikern eindrucksvoll, dass sie noch nicht zum alten Eisen gehört. Der Weg ins Viertelfinale war problemlos. Magdalena Maleeva, Ines Gorrochategui und Asa Carlsson konnten die Deutsche nicht fordern. Erst im Achtelfinale gegen die aufstrebende Anna Kournikova wurde es etwas enger. Erneut behielt Graf aber in zwei Sätzen die Oberhand. Im Viertelfinale gab es dann gegen Lindsay Davenport den ersten Satzverlust. Wieder spielte die damals 21-fache Major-Siegerin aber ihre Klasse aus und setzte sich durch. Letzte Hürde am Weg ins Finale war die ewige Rivalin Monica Seles. Gegen die US-Amerikanerin drehte Graf einen 0:1-Satzrückstand und erreichte nach einem hochklassigen Match das Endspiel.

Martina Hingis
Wikimedia, si.robi (CC BY-SA 2.0)

Hingis trat sogar noch dominanter auf. Die Schweizerin spielte ihr Topform gnadenlos aus und gab am Weg ins Finale keinen einzigen Satz ab. Nur im Achtelfinale gegen Ruxana Dragomir musste Hingis einmal ins Tie-Break. Ansonsten kamen ihre Gegnerinnen nicht in ihre Nähe. Die 18-jährige spazierte ins zweite Paris-Finale nach 1997 und galt im Vorfeld als klare Favoritin. Was am 5. Juni geschehen sollte, hatte keiner auf der Rechnung.

Zusammenbruch statt Machtwechsel

Bei kühlen Temperaturen entwickelte sich rasch ein hochklassiges, aber doch einseitiges Match. Graf schien gegen die stark aufspielende Hingis kein Mittel zu finden. Der erste Satz ging mit 6:4 an die Schweizerin. Auch im zweiten Set lag die Favoritin bereits mit 2:0 in Front – viele sahen den Machtwechsel endgültig kommen. Doch danach drehte sich das Spiel völlig. Eine Entscheidung der Schiedsrichterin warf Hingis aus der Bahn und stellte das Geschehen auf den Kopf.

Nachdem ein Return der Schweizerin Aus gegeben wurde, brach diese eine goldene Regel im Tennis. Sie ging auf Grafs Spielfeldseite und überprüfte den Abdruck selbst. Danach hatte Hingis das Publikum gegen sich und verlor zunehmend die Nerven. Obwohl die 18-jährige in der Folge sogar einen Matchball vergab, fand sie nicht mehr zu ihrem Spiel. Graf hingegen spielte ihre Routine aus und kämpfte sich zurück. Zu Beginn des dritten Satzes dann der nächste Aufreger: Hingis verschwand lange in den Katakomben, um dann mit neuer Frisur zurückzukehren. Danach war der Faden endgültig gerissen. Unter Tränen verspielte Hingis den sicher geglaubten Titel. Am Ende hieß es 6:4, 5:6, 2:6 aus ihrer Sicht – Steffi Graf war auf den Tennisthron zurückgekehrt.

Graf beendete wenige Wochen nach dem Triumph ihre eindrucksvolle Karriere. Hingis hingegen erholte sich nie wieder von der Niederlage und gewann kein Major-Turnier mehr. Trotz zweier Comebacks konnte die Schweizerin nicht an alte Erfolge anknüpfen. 2007 sorgte sie mit einem Grand Slam Skandal wegen Drogenmissbrauch für negative Schlagzeilen.